Moment Mal

von Pfarrer Helmut Kautz

Der Blick ließ mich nicht los! Fröhlich war ich auf dem Rückweg von Meyenburg nach Stepenitz.

Ich genoss das Autofahren und konzentrierte mich auf die zugelassene Höchstgeschwindigkeit. Da war ja schon öfter ein Blitzer.

Direkt in Krempendorf erblickte ich nur für einen Sekundenbruchteil eine Taube im Rinnsteig. Kurz schaute ich der leidenden Kreatur ins Auge. Schon war ich vorbei. Nun ein paar Kilometer weiter arbeitete es noch immer in meinem Kopf: „Du mußt umkehren und der Taube helfen“. Ich versuchte den Gedanken zu verdrängen: „Tauben gehören in den Topf“ oder „Du kannst sowieso nicht helfen“, „was gehen mich Krempendorfer Tauben an“.

Kurz vor Stepenitz traf ich die Enscheidung: Ich fahre zurück. Noch immer lag die Taube mit offensichtlich gebrochenen Füßen da. Vorsichtig hob ich den Vogel auf, legte ihn in den Kofferraum und fuhr heim. Während der Fahrt betete ich zu Gott und fragte ihn, was das soll.

Mir ist es schon öfter passiert, dass Gott mir einen völlig unklaren Stolperstein in den Weg legt und mir etwas sagen will. In meinem Kopf tauchte der Bibelvers auf: „Es ist die Güte Gottes, die Dich zum Umdenken treibt“ (Römerbrief Kap 2,4).

Die Frage kam: „Helmut, was kann Dich eigentlich zum Umkehren treiben? Was kann Deinen Alltag durchbrechen, Deine Gewohnheiten oder Wahrheiten ändern? Darf Gottes leise Stimme in Deinem Leben klingen? Das war eine nachdenkliche Heimfahrt. Es ist meine Überzeugung, dass für jeden Menschen Umkehr und Umdenken möglich ist. Ganz besonders in der Frage der persönlichen Beziehung zu Gott und den Menschen.

Meist sind es viele kleine Schritte mit denen wir den großen Bogen beschreiten. Oft beginnt die Versöhnung mit dem Bruder nicht mit einem großen Vergebungsakt, sondern mit einem Gebet: „HERR ich vergebe meinem Bruder“ oder „HERR befähige mich ...“ oder „HERR mache mich doch willig zu vergeben“. Viele erleben den Weg hin zum Glauben in kleinen Schritten: „Gott wenn es Dich gibt, dann ...“ oder „ein längst aus der Kirche Ausgetretener liest seinen Konfirmationsspruch ...“ oder ein Baumensch engagiert sich für die Wiederherstellung der Kirche.

Gott hört nicht auf an unserer Herzenstür anzuklopfen und zu rufen. Haben Sie Mut Ihre Antenne auszufahren und Gottes leise Stimme zu hören. Er redet zu uns, manchmal sogar durch Taubenblicke. Die Taube wurde von unserer Familie aufgenommen. Wir haben sie getränkt und gefüttert und so ihr auf den letzten Metern bis zum Tod noch Liebe geschenkt. Was für eine Metapher.

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