Moment Mal

von Pfarrer Gérôme Kostropetsch

Erinnern Sie sich? Ein Jahr ist es her. Der 09. November 2019 wurde groß gefeiert. Jubiläumsfeiern und große Gottesdienste in den Kirchen und an verschiedenen Orten – oft in der Nähe der ehemaligen innerdeutschen Grenze. Der Mauerfall, die friedliche Revolution lag 30 Jahre zurück. Das musste natürlich bedacht, erinnert und ordentlich gefeiert werden.

Ich bin ein ganz klein wenig zu jung, um diesen Tag vor 30 Jahren miterlebt zu haben. Geschweige denn, dass ich aus eigener Erfahrung weiß, wie es ist, wenn das Heimatland geteilt ist. Dennoch hat die friedliche Revolution auch Auswirkungen auf mein Leben. Ja, man muss sagen, wäre Deutschland noch immer geteilt und eben nicht wieder EIN Land, hätte ich höchstwahrscheinlich niemals das Licht der Welt erblickt.

Das Vergangene, was geschehen ist, die Geschichte – es hat Einfluss auf mich. Egal, ob ich dabei war und ein Zeitzeuge bin oder ob ich die Vergangenheit nur vom Erzählen und aus den Geschichtsbüchern kenne. Erinnern ist wichtig.

Es braucht eine lebendige Erinnerungskultur, denn:

Erinnern hilft mir dabei, gewisse Zusammenhänge zu verstehen.
Erinnern zeigt mir, warum etwas geworden ist, wie es heute ist.
Und das Erinnern mahnt mich, nicht zu wiederholen, was an Schrecklichem passiert ist.

So denke ich am 09. November nicht nur an die friedliche Revolution, sondern auch an die Pogromnacht von 1938.

Solche grausamen, menschenverachtenden Gewalttaten, diese Zerstörung, dieser Hass dürfen sich nicht wiederholen!
Es ist mir unvorstellbar, wie so etwas passieren konnte und dennoch weiß ich: Es ist passiert.
Daran müssen wir uns erinnern. Immer wieder. Dabei ist es nicht die Frage der Schuld, sondern eben das Erinnern dessen was da geschehen ist. Sich klar zu machen, wie weit Verachtung und Hass gehen können und dafür zu sorgen, dass so etwas nie wieder passiert.

Wir müssen uns erinnern, auch wenn die Erinnerung schmerzt.
Oder gerade dann, wenn es Schmerzhaft ist. Damit wir uns nicht damit abfinden, wenn Gewalt und Hass verbreitet werden. Damit wir aufstehen und uns mutig für Liebe und Gerechtigkeit einsetzten. Damit sich niemand fürchten muss und Angst hat. Damit wir in Frieden und mit Freude zusammenleben.

Lassen Sie uns gemeinsam die Erinnerung bewahren. Erinnerung an alles Gute, was war und das wir mit Freude feiern können. Erinnerung eben auch an alles Schreckliche, das wir nicht vergessen dürfen und das uns mahnt es nicht zu wiederholen.

Lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass unser Leben geprägt ist von Toleranz, Liebe und Mitmenschlichkeit.

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