Wort zur Woche

von Pfarrer Norbert Merten

Wer sieht mich?

Am Ende eines Jahres, da sieht man unwillkürlich zurück und schaut auch auf das, was vor einem liegt.

Unsere Seele möchte so gerne Ruhe finden in all dem, was uns beschäftigt und bewegt. Manchmal treiben uns Dinge um, die wir kaum in Worte fassen können. Es gibt Situationen, in denen wir hin- und hergerissen sind. Vieles in unserer Erlebniswelt kann uns in Unruhe versetzen.

Viele Menschen in unserem Land sorgen sich um ihren Arbeitsplatz. Vielleicht muss auch ihr Betrieb sterben? Werden wir als Gesellschaft Wege finden, die möglichst gerecht sind für alle? Wie wird es sich mit Strom, Wasser, Gas oder Öl weiterentwickeln? Wird der Frieden in unserem Land Bestand haben? Viele Fragen.

Ich denke an eine Frau, Hagar. Sie macht negative Erfahrungen mit anderen Menschen; wird hin und her geschubst; erfährt, was es bedeutet, nicht gesehen und beachtet zu werden. Hagar wird einfach links liegen gelassen. In Trauer und Schmerz versunken, erlebt sie dann Erstaunliches.

Ein Engel (=ein Bote Gottes) spricht zu ihr. Sie bekommt wieder Mut und Hoffnung. Hagar spürt, in ihrer Einsamkeit ist sie nicht allein. Es wendet sich ihr jemand zu; und gibt ihr in dem ganzen Wirrwarr neue Orientierung. So spricht sie aus, was sie fühlt: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ (Gen. 16,13)

Eine schöne Bezeichnung für Gott. Gott ist einer, der mich sieht; der mich nicht allein lässt. Nicht als der „große Aufpasser“, als der „übermächtige Kontrolleur“ oder als „unheimlicher Überwacher“ ist er da. Nein, er ist einer, der liebevoll nach mir schaut, dass es mir gut geht und der mir in der Not hilft. Gott wendet sich auch uns zu. Er wendet sich nicht von uns ab. Er hält es aus, hin zu sehen, auch wenn wir schon gar nicht mehr können.

Wir Menschen brauchen Hoffnung und Zuversicht, um mit Mut und Phantasie zu leben. Gut, wenn auch wir den Engel wahrnehmen, mit dem Gott zu uns reden will. Und dann sehen wir - vielleicht ganz neu - uns, unsere Mitmenschen, unsere Umwelt. Und wir entdecken, wie wir uns segensreich einbringen können.

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 9 und 3.