Wort zur Woche

von Pfarrer Christian Gogoll

Hoffnung nicht aufgeben

Ich habe einen wichtigen Termin in der Stadt, den ich unbedingt wahrnehmen möchte. In der Bahn lese ich ein Buch, das ich vor Monaten zum Geburtstag geschenkt bekam. Endlich komme ich dazu. Gar nicht schlecht, denke ich und bedaure, dass ich mir nicht schon frühen die Zeit dazu genommen habe.

Dem Termin sehe ich mit einer gewissen Spannung entgegen, ich bin nervös. Doch zunächst muss ich mich durch das Netz öffentlicher Verkehrsmittel arbeiten. Der Termin ist geschafft, ich bin froh, denn es hat mir wirklich etwas gebracht. Meine Nervosität ist verflogen.

Da ich schon einmal in der Stadt bin, möchte ich noch ein paar Dinge erledigen und besorgen. Mein alter Faltstadtplan hilft mir mehr schlecht als recht, aber es geht gut.

Ich komme an einer Kirche vorbei. Sie ist geöffnet, wie schön denke ich. Die fünf Minuten gönne ich mir, außerdem bin ich ein wenig neugierig. Im Innenraum ist schönes Licht, eine wohltuende Stille breitet sich aus. Der Lärm der Stadt bleibt vor der Kirchentür.

Ich setz mich auf einen Stuhl in der hintersten Reihe. Hier habe ich den besten Überblick. Ich genieße die Ruhe und schaue mich um. In einer Ecke entdecke ich einen großen Kerzenständer, auf dem viele Lichter brennen. Ich nehme mir auch eine Kerze, entzünde sie und stelle sie zu den anderen Lichtern.

Dann setze ich mich noch einmal auf meinen Platz, ein paar Minuten habe ich noch. Ich denke an eine Freundin, die gerade eine OP hinter sich hat, hoffentlich wird sie wieder richtig gesund. Ich denke an einen Freund, der ist gerade in einer schweren Lebenskrise, hoffentlich kommt er da gut durch. Ich denke an meine berufliche Situation und an meine Familie. Mit Corona ist das alles gar nicht so einfach, hoffentlich erkrankt keiner.

Die Kerzenflamme ist wie ein stilles Gebet, das meine Gedanken aufnimmt. Sie brennt weiter, wenn ich mich wieder aufmache. Wie gut, dass ich die schweren Gedanken hier in der Kirche bei Gott lassen kann, das macht meine Seele leichter. Es ist ein guter Ort.

Als ich die Kirche wieder verlassen möchte, sehe ich auf die Uhr. Es waren nur zehn Minuten, aber mit kommt es viel länger vor. Bevor ich die Tür zur Straße öffne, bewegt mich ein letzter Gedanke: „...Hoffnung nicht aufgeben...“.

Ich bin müde, als ich am Abend Zuhause bin. Aber ich bin auch froh. Es war ein guter Tag.

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