Am 5. Juni 2021 erklärte die Synode es Ev. Kirchenkreises Prignitz den Beitritt zum Bündnis United4Rescue.

„United4Rescue“ unterstützt die zivile Seenotrettung im Mittelmeer. Das Bündnis vereint hunderte Organisationen und Initiativen, die dem tausendfachen Sterben im Mittelmeer nicht tatenlos zusehen wollen. Durch Spenden wird der Einsatz von Rettungsschiffen ermöglicht. Träger von United4Rescue ist der gemeinnützige Verein „Gemeinsam Retten e.V.“, gegründet 2019 nach dem Kirchentag, wo es in der Abschlusspredigt hieß: „Man lässt keine Menschen ertrinken. Punkt.“

Mehr über die Forderungen von United4Rescue, die bisherigen Aktionen und aktuelle News gibt es hier: https://united4rescue.org/

Pro und Contra Seenotrettung, ein Anspiel für fünf Personen

Entwickelt in einer Arbeitsgruppe des Kirchenkreises Prignitz, Oktober 2020

Person A

Frage: Sag mal, gibt es eine rechtliche Verpflichtung zur Seenotrettung? Wo steht sowas?

Person B

Antwort: Seenotrettung ist im Völkerrecht verankert - genauer im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen von 1982. Im Artikel 98 steht: alle auf See befindlichen Schiffe sind grundsätzlich zur Rettung von in Seenot geratenen Personen verpflichtet.

Person C

Ergänzung: Das ist leider Theorie. Auf dem Mittelmeer gibt es praktisch keine Seenotrettung, weil keine Schiffe mehr dort sind. Notrufe werden von Behörden nicht weitergegeben. Die libysche Küstenwache bekommt Geld, um Boote mit Flüchtlingen wieder zurück nach Libyen zu bringen und das heißt: ins Gefängnis!

Person D

Widerspruch: Aus meiner Sicht gibt man durch jede Rettungsaktion dort auf dem Meer nur noch mehr Menschen den Anreiz zu kommen. Das kann doch nicht Sinn der Sache sein!

Person E

Einspruch: Das da auf dem Mittelmeer ist eine furchtbare Situation, aber die Europäer können doch nicht alle retten, die aus Not ihr Land verlassen?

Person C

Ergänzung: Es macht mich fassungslos, dass das Retten von Menschen vor dem Ertrinken überhaupt zur Diskussion steht. Kirche muss Einspruch erheben und tätig werden. Europäische Migrationspolitik geht über Leichen.

Person E

Einspruch: Was können wir hier als Gemeinde in der Prignitz machen? Das Thema ist zu groß und zu komplex. Das ist Aufgabe von Experten und Politikern.

Person A

Frage: Wie viele Menschen sind zur Zeit weltweit überhaupt auf der Flucht?

Person B

Antwort: Ende 2019 waren es fast 80 Millionen Menschen - das ist die höchste Zahl, die jemals vom UNHCR verzeichnet wurde. D.h. Ein Prozent der Weltbevölkerung ist auf der Flucht!

Person D

Widerspruch: Zum Glück haben die meisten gar kein Geld, um bis nach Europa zu kommen!

Person E

Einspruch: Ich verstehe die Herausforderung, gerade auch für Flüchtlinge in Not humanitäre Hilfe zu leisten, aber ich kann höchstens dafür beten.

Person A

Frage:  Sag mal, wie viele Menschen versuchen übers Mittelmeer nach Europa zu kommen?

Person B

Antwort: Pass auf, jetzt musst du dir Zahlen merken.

2015 war es eine Million Menschen.

Im vergangenen Jahr waren es laut UNHCR nur noch gut 116 tausend Menschen.

Person D

Widerspruch: siehst du, keine Schiffe, keine Rettung, keine Flüchtlinge in Europa!

Person E

Einspruch: So einfach ist das nicht. Das mit dem Sterben auf dem Mittelmeer ist schlimm! Aber es gibt doch hier in unserer unmittelbaren Umgebung schon genug Leid. Christliche Nächstenliebe ja, aber es bleibt die Frage: wer ist mein Nächster?

Person C

Ergänzung: Christliche Nächstenliebe drückt sich immer in praktischen Verhaltensentscheidungen aus. Menschenrechte gelten für ALLE Menschen und dafür müssen wir sorgen.

Person A

Frage: Wie gefährlich ist es für Flüchtlinge auf dem Mittelmeer, wie viele sind ertrunken?

Person C

Ergänzung: bevor du die Antwort gibst eine Bemerkung: Das Evangelium verpflichtet, das Ertrinken von Menschen auf dem Mittelmeer zu verhindern. Und wir können mehr tun als wir denken.

Person B

Antwort: 2019 ertranken laut UNHCR 2.277 Menschen im Mittelmeer. Die Dunkelziffer ist aber hoch bei diesen Angaben.

Für dieses Jahr wurden bislang 700 Tote gezählt.

Die absolute Zahl der Toten sinkt, aber die Flucht über das Mittelmeer wird immer gefährlicher.  2015 ertrank jeder 269. Mensch -  inzwischen jeder 47 -  auf der Route Libyen-Italien sogar jeder 11. Migrant.

Person C

Ergänzung: Ja, der Grund ist: es gibt keine staatliche Seenotrettung mehr und alle zivile Seenotrettung wird unterbunden – derzeit wird sie kriminalisiert und es liegen Schiffe fest.

Person E

Einspruch: Seenotrettung muss sein, aber sind wir als Kirche dafür zuständig?

Person A

Frage: Ja, was ist das mit dem kirchlichen Rettungsschiff und UNITED4RESCUE (gemeinsam retten)?

Person B

Antwort: Vor einem Jahr wurde der Verein „gemeinsam retten“ gegründet. Viele Kirchengemeinden, Kirchenkreise und Landeskirchen traten dem Bündnis bei. Hintergrund war die dramatische Situation: das Mittelmeer ohne Seenotrettung und tausende Tote. Vom Kirchentag Dortmund gingen damals konkrete Impulse aus, u.a. „schickt ein Schiff“. Spenden machten es möglich ein ehemaliges Forschungsschiff zu kaufen und umzubauen. Im August 20020 lief Sea-Watch4 das erste Mal aus und rettete nach wenigen Tagen 300 Menschen aus Seenot. Derzeit gehören fast 600 Organisationen, Unternehmen und Gruppen zu dem Bündnis und unterstützen das Rettungsschiff.

Auch die EKD ist eine wichtige Unterstützerin.

Person D

Widerspruch: Ist das nicht zu blauäugig? Wer weiß, wer mit wem dabei gute Geschäfte macht. Die Schlepper freuen sich, wenn Meeresüberfahrten wieder attraktiv werden.

Person C

Ergänzung: Endlich mal Klarheit - wo andere Institutionen versagen, ist Kirche besonders gefordert. Dieses Rettungsschiff hilft, den unerträglichen Notzustand zu mindern und sendet ein politisches Signal: Menschenrechte müssen eingehalten werden! Man lässt keinen Menschen ertrinken.

Person E

Einspruch: Ich verstehe, dass wir nicht tatenlos zusehen können, aber was können wir als Kirchengemeinde oder als EKD wirklich an der Situation ändern?

Person C

Ergänzung: Zivile Seenotrettung ist derzeit alternativlos. Mit diesem Schiff wird die unmenschliche Praxis, Ertrinkenden nicht zur Hilfe zu kommen, unterbrochen.

Person D

Widerspruch: na, ich bin gespannt, was andere dazu sagen!